Eduard Trier
Friederich Werthmann


Dem Metallplastiker bieten Material und Technik größere Möglichkeiten, das Körpervolumen im luftigen Aufbau zum Raum in Beziehung zu setzen. Bildwerke aus Stein, Terrakotta und Holz sind enger an die Gesetze der Statik und an die Erhaltung des Massenzusammenhangs gebunden als Figuren aus Bronze und Eisen, die mit ihren scharf konturierten Formen und ihrer Tragfähigkeit auch als Extremitäten ohne Körper gebildet werden können. Friederich Werthmanns Skulptur „Struktur Remanit" könnte wegen der dichten flockigen Häufung des Materials noch als Körpervolumen betrachtet werden, aber tatsächlich ist sie ein Raumvolumen, das durch die freie rhythmische Ordnung von Stahlbändern erzeugt wird. „Ähnlich wie in der Musik", sagt Werthmann, „beruht auch bei mir das Gestaltungsprinzip auf Reihungen im Raum, Rhythmen, Strukturen, Schichtungen, Störungen und Verwandlungen (Zerstörungen) . . . Jede Ordnung braucht die lebendige Störung und Verwandlung, um dynamisch zu werden." Obwohl Werthmann in seinen flüchtig schwebenden Strukturen aus Metallfolien mit den darin eingeschlossenen Leervolumina nicht von einem vorhandenen Bild ausgeht, sondern sie aus dem eigenen Rhythmus sowie aus dem gegebenen Material und der angewandten Schweißtechnik entwickelt, kommen doch wieder Analogien zu Naturerscheinungen, etwa zu Pflanzenwuchs oder Blattwerk, zum Vorschein.
 
Auszug aus: Eduard Trier. Figur und Raum. Die Skulptur des XX. Jahrhunderts. Berlin 196O, S. 46


Metal offers sculptors in point of material and of technique particular possibilities for erecting structures that are permeable to space. Works in stone, terracotfa or wood are bound to a greater extent by the laws of statics and the conditions of cohesion than are figures in iron or bronze whose resilience and concision of outline allow a considerable degree of disembodiment. Friederich Werthmann's Struktur Remanit (fig. 144) could, on account of the dense, flaky accumulation of material, be considered as a solid volume; but in fact it is a spatial schema set up by a rhythmical arrangement of steel bands. "l proceed," says Werthmann, "as one does in music, by serial arrangement in space, rhythms, structures, layers, disturbances and transformations (destructions) ... lf it is to become dynamic every order needs living disturbance and transformation." Although Werthmann's fluttering structures of metal foil enclosing patches of void are not based on any models but result entirely from a certain type of material being treated by a certain type of technique (soldering) and ordered by a certain type of rhythm, they none the less offer frequent analogies with natural forms, such as plants or foliage.
 
Eduard Trier Form and Space. Thames and Hudson, London
by courtesy of Gebr. Mann Verlag, Berlin